Vica Mitrovic
über sein Jahr als St.Galler Stadtparlamentspräsident.
Das St.Galler Stadtparlament startet mit 15 neuen Mitgliedern und mit etlichen, die erst seit kurzem dem Rat angehören, während der Anteil der erfahrenen Mitglieder klein ist.
Am nächsten Dienstag, 14. Januar, beginnt für das Stadtparlament eine neue vierjährige Legislaturperiode. 15 neu gewählte Mitglieder befinden sich im 63-köpfigen Gremium. Doch wenn man auch jene 23 berücksichtigt, die während der letzten Legislaturperiode zurückgetreten sind, ist von einer stark veränderten Zusammensetzung auszugehen.
Legislaturbeginn Mehr als die Hälfte des Parlaments ist weniger als vier Jahre Mitglied oder tritt jetzt neu an, muss also erst noch Erfahrungen sammeln. Gerade das Wirken in Kommissionen bedingt Dossierkenntnisse. Ein Blick auf die Liste der während der Legislaturperiode Ausgetretenen zeigt, dass sich unter ihnen vorwiegend aktive und erfahrene Mitglieder befinden. Die vorzeitigen Rücktritte führen zu einer hohen Fluktuation, so dass besonders viel Arbeit von den erfahrenen und schon länger dem Gremium Angehörenden geleistet werden muss. Dabei ist im Stadtparlament recht wenig Sitzleder zu finden. Am längsten gehört dem Rat Doris Königer (SP) an, nämlich seit 25 Jahren, gefolgt von Marcel Rotach, der zehn Monate nach ihr eingetreten ist.
Was sind die Gründe für die vorzeitigen Rücktritte? Es sind vielfältige Gründe. Im Vordergrund stehen der Wegzug aus der Stadt, berufliche Veränderungen, Wahl in eine übergeordnete Behörde und zeitliche Überlastung. Mitunter kommt auch fehlende Integration in die Fraktion oder gar ein Zerwürfnis vor. Häufig liegt hinter den vorzeitigen Rücktritten aber auch wahlpolitisches Kalkül. Alle Parteien möchten möglichst stark vom Bisherigen-Bonus profitieren. Mit anderen Worten werden Sitze geräumt, um einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger auf dem Wahlzettel zu ermöglichen, mit dem Prädikat «bisher» zu kandidieren, wodurch die Wahlchancen und die Parteistimmen erhöht werden. So wird nicht selten in den Fraktionen auf nicht mehr kandidieren wollende Mitglieder Druck ausgeübt, vorzeitig zurückzutreten.
Im 120-köpfigen Kantonsrat sind während der letzten Legislaturperiode 36 Mitglieder zurückgetreten, wie die Regierung in Beantwortung einer Interpellation vom grünen Stadt-St.Galler-Kantonsrat Daniel Bosshard bekanntgibt. Aus Sicht des Präsidiums bringen Rücktritte aus dem Kantonsrat einen Verlust an Wissen und Erfahrung. Gleichzeitig bringen neue Ratsmitglieder neue Beziehungsnetze, neues Wissen und neue Themenfelder mit in die Ratsarbeit. Auf die Frage Bosshards, ob auf den Wahlzetteln auf den Zusatz «bisher» nicht verzichtet werden sollte, erklärt die Regierung, dass dieser eine sachgerechte, transparente und relevante Information darstellt, die den Stimmberechtigten dabei hilft, sich ein umfassendes Bild einer Kandidatin oder eines Kandidaten zu machen. Eine Erhebung hat ergeben, dass in 16 von 23 Kantonen der Zusatz «bisher» standardmässig auf Proporz-Wahlzetteln aufgeführt wird, oder es besteht die Möglichkeit, dass der Zusatz auf Wunsch der Kandidierenden angegeben wird. Die Regierung wendet sich auch aufgrund der sehr individuellen Rücktrittsgründe gegen eine Beschränkung des Zeitfensters, in dem Rücktritte möglich sind. Darüber hinaus ist (wie übrigens auch im Stadtparlament) keine systematische Häufung von Rücktritten wenige Monate vor Ende einer Amtsdauer erkennbar.
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