Markus Tanner
Seit 150 Jahren leistet der STV Wittenbach einen Mehrwert.
Das kontroverse Finanzreferendum wurde am Sonntag nach intensiven wochenlangen Diskussionen mit 56,3 Prozent klar abgelehnt.
Abstimmung Die Initiative «Finanzreferendum» hatte zum Ziel, das fakultative Referendum für den Voranschlag und den Steuerfuss der Gemeinde Herisau einzuführen. Eingereicht wurde die Initiative von einem 16-köpfigen Komitee. Einzelne Mitglieder gehören der Gruppierung «Herisau – lebendig & demokratisch» an. Für das Finanzreferendum sprachen sich die SVP und die Fraktion Gewerbe/PU aus. Die FDP, SP, Mitte, GLP und EVP waren dagegen. Die Gemeinde wies im Vorfeld der Abstimmung darauf hin, dass bei einer Annahme der Initiative der Budgetprozess der Gemeinde so früh starten müsse, dass man ohne genügende Zahlengrundlage arbeiten müsse. Die Anspannung am Sonntag hat sich bei Gemeindepräsident Max Eugster in Grenzen gehalten. «Eine Initiative gehört zum Recht der Bevölkerung und dieses soll man wahrnehmen können», sagt Eugster.
Er habe aber auf einen klaren Entscheid gehofft. «Ich hätte nicht mit so einem deutlichen Ergebnis gerechnet – zudem hätte ich eher die Annahme des Finanzreferendums erwartet», so Eugster. Dies aufgrund der vorhergegangenen Diskussionen und der publizierten Leserbriefe. Am Sonntag wurde klar: 1890 Ja-Stimmen standen 2433 Nein-Stimmen gegenüber. 56,3 Prozent lehnten das Finanzreferendum somit ab. Die Stimmbeteiligung lag bei 44,7 Prozent. «Ich bin erleichtert. Für uns wäre der Budgetprozess zwar nicht unmöglich, allerdings deutlich schwieriger geworden», meint Eugster. Man hätte zu einem Zeitpunkt beginnen müssen, an dem man noch fast keine Grundlage haben würde. So hätte man statt im Juni und Juli bereits im Februar starten müssen. «Dann wären uns zwar die Zahlen des Jahresabschlusses bekannt, nicht aber, weshalb wir so abgeschlossen haben.» Auf dieser Basis und ohne weitere Grundlagen den Voranschlag in Angriff zu nehmen, wäre ein Blindflug gewesen, findet Eugster. Erst gegen Ende Mai könne man zum Beispiel wissen, wie sich die Steuern im kommenden Jahr entwickeln könnten. «Im Februar haben wir diese Angaben und die Empfehlungen des Kantons noch nicht», sagt Eugster. Kann dieses klare Nein als Vertrauensbeweis an den Gemeinde- und Einwohnerrat gedeutet werden? «Ein Voranschlag ist heute sehr komplex und anspruchsvoll. Deshalb verstehe ich auch, dass die Verantwortung vor zwölf Jahren dem Einwohnerrat übertragen wurde. Ich glaube schon, dass das Ergebnis ein Vertrauensbeweis an den Gemeinde- und Einwohnerrat ist», sagt Eugster. Es sei ein Zugeständnis daran, dass die Räte im Rahmen des Möglichen mit vertiefter Sachkenntnis versuchen, einen vernünftigen Voranschlag zu erarbeiten. In den vergangenen zwölf Jahren sei der Voranschlag noch nie abgelehnt worden. Ausserdem habe man in den letzten fünf Jahren nur einen negativen Jahresabschluss eingefahren – dies aber aufgrund fehlender Steuereinnahmen während der Pandemie.
Das fakultative Referendum hätte ausserdem den Entscheid hinausgezögert, wann die Gemeinde einen bewilligten Voranschlag erhält. Grund dafür: Das Abwarten der 30-tägigen Frist, ob jemand das fakultative Referendum ergreift, plus die Zeit bis zur Urnenabstimmung. Und: eine Urnenabstimmung hätte die Gemeinde 20'000 Franken gekostet. «Das wäre insgesamt aber tragbar gewesen», so Eugster. Sensibler wäre ein ergriffenes Referendum geworden, da die Gemeinden laut Finanzhaushaltsgesetz des Kantons verpflichtet sind, Anfang des Jahres einen rechtskräftig bewilligten Voranschlag vorzuweisen. Deshalb hätte man vier Monate früher in den Budgetprozess gehen müssen.
Heute und nun auch künftig beschliesst der Einwohnerrat jeweils im November über Voranschlag und Steuerfuss. «Würde der Einwohnerrat den Voranschlag ablehnen, haben wir im Januar die Möglichkeit, ihm das Geschäft erneut zu unterbreiten», erläutert Eugster. In den Leserbriefen vor der Abstimmung erhielt man den Eindruck, es herrsche ein gewisses Misstrauen gegenüber Gemeinde- und Einwohnerrat. Nimmt Eugster das auch sonst im Arbeitsalltag wahr? «Wir spüren ein gewisses Misstrauen von der Gruppierung, welche die Initiative eingereicht hat. Auch sonst hören wir vereinzelt, dass man unsere Arbeit hinterfragt. Wir bemühen uns dann aber, dem nachzugehen – oft hätten wir aber vieles gar nicht anders machen dürfen, was kritisiert wurde», so Eugster.
In den vergangenen Jahren hätten die Gemeinden gegenüber dem Kanton ein viel engeres Korsett geschnürt bekommen. «Ich verstehe, dass der enge Rahmen, in dem wir handeln müssen, nicht überall Freude auslöst. Aber wir bemühen uns, Leistungen zu erbringen, die für alle zum Besten sind», so Eugster. Oft sei den Leuten nicht bewusst, wie diese Abläufe aussehen. «Heute sind wir stark von Bund und Kanton fremdbeeinflusst», sagt er. Man bemühe sich stets, kostengünstig zu arbeiten. Der Einwohnerrat und die Finanzkommission hätten zudem ein Auge darauf und prüfen die Arbeit des Gemeinderates. «Alle haben das Interesse, einen sauberen Voranschlag zu verabschieden», sagt Eugster. Und das können Gemeinde- und Einwohnerrat nun weiter wie gewohnt tun.
Stefanie Rohner
Auf Nachfrage der Herisauer Nachrichten per Mail, schreibt Reto Sonderegger, Parteipräsident der SVP Herisau zum Abstimmungsergebnis vom Sonntag: «Anfangs war ich ein wenig enttäuscht. Inzwischen ist mir klar geworden, dass es nichts gebracht hätte, denn: Ich denke, Teile der Bevölkerung leiden unter dem sogenannten Schlafschaf-Syndrom, hervorgerufen durch Nebenwirkungen der Corona-Impfung und der andauernden und zunehmenden Bestrahlung mit 5G. Dabei verkümmert der Drang zur Freiheit und Selbstbestimmung, und weicht einem Hang zur Unterwerfung. Ein Leben als Untertan wird als weniger anstrengend angesehen, als Verantwortung zu übernehmen. Manche finden es klug, wenn sie zu ihrem eigenen Nachteil abstimmen. Manche lassen sich leiten von Leitartikeln der nicht sozialen Medien und blenden den gesunden Menschenverstand aus. Ein weiterer Grund könnte der demografische Wandel sein, durch den es immer weniger Ur-Demokraten gibt, die noch an der Landsgemeinde waren. Andere wollten aus Mitgefühl dem Gemeinderat keine weitere Niederlage zumuten. Vielleicht wurden aber beim Auszählen einfach zu viele Ja-Stimmen mit Nein-Stimmen verwechselt, so ähnlich wie in St. Gallen.»
Hätten unsere Urväter nicht so wie Reto Sonderegger gehandelt, hätten wir immer noch Land Vögte auf den Burgen 🏰
Josef Brunner antwortenWas ist denn das für ein Kommentar vom SVP Präsidenten? Gehts noch und eine Schande für die Herisauer Politik. Untragbar und sofortiger Rücktritt ist die einzige Lösung für so ein Geschwurbel.
Stefan Mock antwortenZum Statement von Reto Sonderegger: Zuerst habe ich geglaubt, dass es sich um einen Fake-Artikel handel, leider ist es aber nicht so. Dieser Erguss ist unglaublich primitiv und verwerflich, und das geschrieben von einem Parteipräsidenten. Dieser Mann ist nicht mehr tragbar und müsste sorfort abgelöst werden.
Peter Kläger antwortenAnstelle, dass sie - aufgrund der Ablehnung des Finanzreferendums - nun "ihre" Einwohnerräte auffordern, sich mehr einzubringen, mehr zu hinterfragen, Vorstösse einzureichen und somit genau das zu tun, was sie mittels des Referendums erreichen wollten, bezichtigen sie die 56.3% der abstimmenden Bevölkerung unter anderem als Schlafschafe mit verschwörerischen Erklärungsversuchen. Beschämend!
Peter Rechsteiner antwortenLade Fotos..