Markus Tanner
Seit 150 Jahren leistet der STV Wittenbach einen Mehrwert.
Wer in der Strafanstalt Gmünden einsitzt, hat einen ganz klaren Tagesablauf mit Arbeit und Freizeit. Urs Schindler, Gefängnisdirektor, erläutert die Strukturen des Gefängnisses.
Gmünden Tritt man als Insassin oder Insasse in die Strafanstalt ein, geht das nach einem klaren Protokoll vonstatten. Die Person wird erkennungsdienstlich erfasst, die Effekten kontrolliert und alle verbotenen Gegenstände wie Handy und andere Dinge abgenommen. Anschliessend werden sie durch die Mitarbeiter des Betreuungs- und Sicherheitsdienstes auf die Zelle geführt und es wird eine Zellenübergabe durchgeführt. Ab da sind die Tagesabläufe fast immer dieselben. Morgens um sechs Uhr ist Zellenaufschluss. Nach dem Frühstück gehen die Insassen des offenen Vollzugs ihrer jeweiligen Arbeit nach. Die Arbeiten sind unterschiedlich, es bestehen Arbeitsplätze in der Werkstatt, der Küche, dem Garten, im Hausdienst, der Konfektionierung und der Schreinerei. «Frauen im Reinigungsdienst sind teilweise auch draussen eingeteilt, um Büros zu putzen. Dabei werden sie von einem Arbeitsagogen begleitet», sagt Urs Schindler, Direktor des Gefängnisses.
Die Arbeitsschichten sind unterschiedlich, bei fast allen aber rund acht Stunden pro Tag. In den Gefängnissen Gmünden sind die Insassen entweder im offenen oder im geschlossenen Vollzug. Im Kantonalgefängnis wird insbesondere die Untersuchungshaft vollzogen. Die Kapazität des Kantonalgefängnisses liegt bei zwölf Plätzen – insgesamt können die Gefängnisse Gmünden 74 Insassinnen und Insassen aufnehmen. In Gmünden können im Kantonalgefängnis namentlich Untersuchungshaften, Polizeihaften, sowie geschlossener Gruppenvollzug vollzogen werden. Die nächste Öffnungsstufe ist der offene Normalvollzug, welcher auch in Gmünden vollzogen werden kann. Die Sicherheit beim Vollzug wird durch moderne Sicherheitstechniken sowie gut ausgebildetes Personal in allen Bereichen, jedoch speziell im Bereich des Betreuungs- und Sicherheitsdienstes gewährleistet. Zudem sind in Gmünden keine Personen untergebracht, von welchen eine Gefahr für die Bevölkerung oder für die Mitarbeitenden auszugehen ist.
Teils sind die Gebäude in den 1960er-Jahren gebaut worden, daher sind die Häuser in die Jahre gekommen. Nebst der Arbeit können die Inhaftierten in ihrer Freizeit diversen Tätigkeiten nachgehen. «So können sie durch die angebotene Kunsttherapie, Abwechslung in den Alltag bringen. Es soll den Insassen ermöglicht werden, eine prosoziale Freizeitgestaltung für die Zeit nach dem Vollzug auszuprobieren, um diese im besten Fall anschliessend draussen weiterzuführen. Weiter können sie sich im Fitnessraum oder im Spazierhof aufhalten. An Feier- und Brückentagen achten wir darauf, ein Programm zusammenzustellen», sagt Schindler. Dabei haben die Insassen zum Beispiel die Möglichkeit, kochen zu lernen oder zu singen, es soll «Soziales Lernen» stattfinden Zudem besteht die die Möglichkeit, Schulunterricht zu bekommen, da die Bildung im Strafvollzug ein zentraler Bestandteil im Prozess der Resozialisierung ist. «Oftmals ist es ein Deutschkurs mit Schwerpunkt Lesen und Schreiben», so Schindler. Gerade Feiertage seien für jene, die das Gefängnis nicht für einen Urlaub verlassen dürfen, schwerer als andere Tage. «Der Freiheitsentzug ist für niemanden angenehm. Man kommt mit Menschen zusammen, die man nicht kennt und hat wenig Privatsphäre. Das ist nicht zu unterschätzen», so Schindler. Die Urlaube sind unterschiedlich lang und können zwischen fünf und 36 Stunden andauern. «Das geschieht dann, wenn sich ein Insasse stets gut verhält und sich an Regeln hält. Die Urlaube werden vor- und nachbereitet und alle müssen sich einem Körper-, Drogen- und Alkoholtest unterziehen, wenn sie zurückkommen», erläutert Schindler. Teilweise komme es vor, dass Personen nicht oder unpünktlich zurückkommen. Gerade Suchterkrankte würden manchmal in alte Muster fallen. «Damit müssen wir leben. Für die inhaftierte Person erfolgen dann Konsequenzen und sie werden gemäss Hausordnung diszipliniert.»
Jede Person hat den eigenen Vollzugsplan. «Uns ist wichtig, bei Eintritt bereits den Austritt zu planen. Es ist zentral, die Insassen auf die Zeit nach dem Vollzug vorzubereiten. Dies bedeutet in der täglichen Arbeit, dass sich der Insasse mit seinem Delikt auseinandersetzt, den Umgang mit der «Freiheit» im Rahmen des Vollzugs erproben kann und sich alternative Handlungsmuster aneignet, um nicht mehr rückfällig zu werden. Die Gefängnisse Gmünden arbeiten mit den Insassen nach sozialarbeiterischen, therapeutischen, psychiatrisch und nach agogischen Grundsätzen. Die Resozialisierung sei immer das oberste Ziel. Beim Vollzugsplan gelte es, die individuellen Aufträge der einweisenden Behörde gemäss risikoorientiertem Sanktionenvollzug umzusetzen und deren Hinweise auf Rückfallrisiken zu bearbeiten. «Zudem verlangen die einweisenden Behörden regelmässig einen Vollzugsbericht», so Schindler. Die Gefängnisse Gmünden arbeiten in diesem Bereich eng mit dem Forensischen Institut Ostschweiz zusammen, welches sich auf die forensische Therapie spezialisiert hat (deliktorientierte Therapie). «Ebenso arbeiten wir mit dem Psychiatrischen Zentrum Appenzell Ausserrhoden zusammen», sagt der Direktor. Die medizinische Betreuung wird durch einen Gesundheitsdienst vor Ort in Zusammenarbeit mit einem Arzt, welcher einmal in der Woche vor Ort ist, sichergestellt.
Wenn Inhaftierte sich in der letzten Phase des Freiheitsentzuges befinden und sich im Normalvollzug bewährt haben, kommt ein Arbeitsexternat infrage, da hinsichtlich einer Entlassung in der Regel von den einweisenden Behörden eine Arbeitsstelle gefordert wird. Die Insassen können während dem Vollzug ihre Arbeitsfähigkeit an externen Arbeitsorten erproben und werden durch die Gefängnisse Gmünden in diesem Prozess begleitet. «Dabei gehen die Gefangenen einer externen Erwerbstätigkeit nach und verbringen die Freizeit in der Strafanstalt», sagt Schindler. Bei der Halbgefangenschaft können die Insassen ihrem bestehenden Job nachgehen und sind ebenfalls in der Freizeit in der Strafanstalt untergebracht. Naht das Abendessen, neigt sich der Arbeitstag dem Ende zu. Abends um 22 Uhr kehrt schliesslich Ruhe ein, die Insassinnen und Insassen werden bis am kommenden Morgen in ihre Zellen eingeschlossen. Und dann haben sie ein klein wenig Privatsphäre.
Stefanie Rohner
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